Urteil des Kantonsgerichts Luzern vom 27.02.2024 zur Überprüfung der Gutachtensart (5V 23 229)

Gemäss Kreisschreiben über das Verfahren in der Invalidenversicherung (KSVI) habe die IV-Stelle die Kompetenz abschliessend zu entscheiden ob und in welcher Form ein externes medizinisches Gutachten erstellt wird. Bestreite die versicherte Person diesen Entscheid so sei keine Zwischenverfügung zu erlassen (KSVI Rz. 3067.1).

Die Auslegung von Art. 44 Abs. 1 ATSG durch das Kantonsgericht Luzern (Urteil vom 27.02.2024 5V 23 229) ergibt, dass das Gesetz eine gerichtliche Überprüfung der von der IV-Stelle vor der Begutachtung angeordneten Art der Begutachtung nicht ausschliesst. Denn im Gesetzestext sei eben gerade keine abschliessende Kompetenz der IV-Stelle erwähnt. Ebenso würde das Ausschliessen der gerichtlichen Überprüfung dem Sinn und Zweck der neuen Bestimmungen, welche ein rasches Verfahren zum Ziel haben, widersprechen, weil das zuständige Gericht in der Folge die Sache aufgrund unvollständiger Sachverhaltsabklärung an die Verwaltung zurückweisen müsste, damit diese ein rechtsgenügliches Gutachten einholt. Dies lässt nach Rechtsprechung des Kantonsgericht einzig die Schlussfolgerung zu, dass eine Überprüfung der Gutachtensart weiterhin möglich sein muss. Die Rechtsprechung des Kantonsgerichts Luzern folgt damit der Rechtsprechung des Bundesgerichts, das im Leitentscheid BGE 137 V 210 den gerichtlichen Rechtsschutz bei Zwischenverfügungen weiter gestärkt hat.

Das Kantonsgericht kommt zum Schluss, dass Zwischenverfügungen einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil darstellen und deshalb beschwerdeweise anfechtbar sind.

Umstritten war im vorliegenden Fall auch, ob die IV-Stelle zu Recht eine bi- und nicht eine polydisziplinäre Begutachtung in Auftrag gegeben hat. Das Kantonsgericht Luzern führt dazu aus, dass die Erstbegutachtung regelmässig polydisziplinär zu erfolgen habe und davon nur in begründeten Fällen abgewichen werden könne, wenn die medizinische Situation offenkundig ausschliesslich ein oder zwei Fachgebiete betreffe. Das Kantonsgericht Luzern bestätigt diese Rechtsprechung in seinem Urteil vom 27.02.2024 (5V 23 229) nach der Änderung der gesetzlichen Regelung per 1. Januar 2022.

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