Bemessung des Invaliditätsgrades anhand der LSE-Tabellenlöhne und deren Korrekturmöglichkeiten

Im Urteil 8C_823/2023 prüfte das Bundesgericht die Zulässigkeit von Korrekturen des LSE-Tabellenlohns bei der Bemessung des Invalideneinkommens unter Berücksichtigung der Revision des Art.26bis IVV.

Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt gewährte einem Versicherten ab Juni 2022 eine Invalidenrente in Höhe von 59%. Dazu führte das Gericht einen gesetzlich vorgesehenen Einkommensvergleich durch, wobei das Einkommen, welches die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität durch eine ihr zumutbare Tätigkeit erzielen könnte (Invalideneinkommen), dem Einkommen gegenübergestellt wird, das sie hypothetisch ohne Invalidität hätte erzielen können (Valideneinkommen). Zur Bestimmung des Invalideneinkommens stützte es sich auf die LSE-Tabellenlöhne des Bundesamtes für Statistik. Dabei gewährte es angesichts der individuellen Situation des Versicherten einen Abzug von 15% auf den massgeblichen Tabellenlohn.

Gegen diesen Entscheid erhob das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) Beschwerde mit dem Antrag, die Rente auf 57% herabzusetzen. Es stützt sich dabei auf die seit Anfang 2022 geltende Regelung des Art. 26bis IVV, welche eine maximale Kürzung von 10% vorsieht, sofern die Arbeitsfähigkeit auf 50% oder weniger beschränkt ist.

Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab und hielt an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, wonach zur Berücksichtigung der besonderen Situation von invaliden Personen bestimmte Korrekturen des Tabellenlohns zulässig seien. Ein sogenannter leidensbedingter Abzug vom Tabellenlohn von bis zu 25% war vorgesehen. Darüber hinaus war eine weitere Korrektur möglich, wenn die versicherte Person bereits vor Eintritt der Invalidität aus invaliditätsfremden Gründen unfreiwillig ein deutlich unterdurchschnittliches Einkommen erzielte (sog. «Parallelisierung»).

Mit der Einführung des Artikels 26bis IVV schloss der Bundesrat die Möglichkeit solcher Abzüge vom LSE-Tabellenlohn aus. Nach umfassender Auslegung kam das Bundesgericht jedoch zum Schluss, dass die abschliessende Regelung der Korrekturabzüge in der IVV nicht mit Bundesrecht vereinbar ist. Aus den Materialien zur Revision des IVG ergibt sich, dass die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Invaliditätsbemessung weitgehend übernommen werden und grundsätzlich unverändert bleiben sollte. Daher ist es, soweit im Einzelfall über die in der IVV festgelegten Korrekturmechanismen hinaus Anpassungen am LSE-Tabellenlohn erforderlich sind, geboten, auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichts zurückzugreifen. Der angefochtene Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Basel-Stadt wird damit vom Bundesgericht als rechtmässig bestätigt.

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